Corona & Arbeitsrecht

Hier finden Sie ein paar allgemeine Hinweise zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf das Arbeitsrecht.

Im Arbeitsrecht sind stets die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Das gilt hier im besonderen Maße. Die gesetzlichen Regelungen sind teilweise abdingbar, d.h. es kann Sonderregelungen im Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag (Dienstvereinbarung, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) geben, die zu einem anderen Ergebnis führen. Auch sind manche Regelungen von Wertungen abhängig, ohne eindeutige Grenze, so dass hier keine konkreten Angaben möglich sind. Vor diesem Hintergrund erfolgen die Hinweise ohne Gewähr. Sie können eine individuelle Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.

Stand: 11. Juni 2020

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Vorab wichtige Verordnungen für NRW:
Coronaschutzverordnung –CoronaSchVO
Coronabetreuungsverordnung – CoronaBetrVO
Coronaeinreiseverordung - CoronaEinreiseVO 

  • 1. Weg zur Arbeit / Fahrplanänderung ÖPNV

    Kann der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz nicht mehr wie gewohnt erreichen (z.B. aufgrund von Fahrplanänderungen) und kommt er deshalb zu spät oder gar nicht in den Betrieb, hat er grundsätzlich keinen Anspruch auf Lohn für die ausgefallene Arbeitszeit.


    Das Land NRW unterstützt das Klinikpersonal von Akutkrankenhäusern auf dem Weg zur Arbeit. Beschäftigte ohne eigenes Auto, die Schwierigkeiten haben, die Arbeit mit dem ÖPNV zu erreichen, können kostenfreie Mietfahrzeuge beantragen. Das Programm wurde bis 30. Juni verlängert und gilt nun auch für Beschäftigte


    • aller Plankrankenhäuser (also neben Akutkrankenhäusern auch Psychiatrien)
    • und Dialysezentren 
    • sowie sonstiger Kliniken, die akut Infizierte behandeln,
    • des öffentlichen Rettungsdienstes sowie 
    • stationärer Alten- und Pflegeeinrichtungen.

    Auch der Bund fördert nun Mietwagen für Personal in Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Corona-Testlaboren. Nähere Informationen stellt die Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen (BAV) zur Verfügung.


  • 2. Arztbesuch / Corona-Test

    Grundsätzlich gilt: Wenn der Arbeitnehmer von einem Arzt zu einer Untersuchung oder Behandlung einbestellt wird und der Arzt auf terminliche Wünsche des Arbeitnehmers keine Rücksicht nehmen will oder kann, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Lohn gem. § 616 BGB (BAG, Urteil vom 29.02.1984, 5 AZR 92/82). Zu beachten sind Sonderregeln im Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag (z.B. § 11 AVR.DD).


    Wer sich auf Corona testen lässt, muss mit langen Wartezeiten rechnen. Die Zeit erhält der Arbeitnehmer aber nicht zwangsläufig vergütet. Es muss sich nicht jeder testen lassen und es soll sich nicht jeder testen lassen. Das Robert Koch Institut (RKI) hat Kriterien aufgestellt, wann der Verdacht begründet und damit der Test notwendig ist. Die Berliner Charité hat einen Online-Fragebogen zur Selbsteinschätzung erstellt. Die Kosten für den Test sollen 130 bis 250 € betragen und werden von der Krankenkasse nur übernommen bei begründetem Verdacht. Entsprechend ist m.E. auch der Arbeitgeber nur dann zur Lohnzahlung verpflichtet, wenn der Test notwendig war. 


  • 3. Arbeitnehmer krank

    Wer aufgrund von Corona arbeitsunfähig erkrankt ist, erhält Entgeltfortzahlung gem. § 3 EFZG für max. 6 Wochen, danach Krankengeld, soweit entsprechend versichert.


    Gem. § 5 EFZG muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber unverzüglich informieren und ihm eine ärztliche Bescheinigung vorlegen. Diese Bescheinigung darf der Arzt nur aufgrund einer Untersuchung ausstellen. Befristet bis zum 31. Mai 2020 darf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Versicherten mit Erkrankungen der oberen Atemwege, die keine schwere Symptomatik vorweisen, für einen Zeitraum von bis zu 7 Kalendertagen auch nach telefonischer Anamnese und zwar im Wege der persönlichen ärztlichen Überzeugung vom Zustand des Versicherten durch eingehende telefonische Befragung erfolgen; das Fortdauern der Arbeitsunfähigkeit kann im Wege der telefonischen Anamnese einmalig für einen weiteren Zeitraum von bis zu 7 Kalendertagen festgestellt werden (§ 4 Abs. 1 Satz 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie, zuletzt geändert am 14. Mai 2020, in Kraft getreten am 19. Mai 2020, BAnz AT 20.05.2020 B4). Die Bescheinigung wird vom Arzt per Post an den Arbeitnehmer übermittelt, der diese dann an den Arbeitgeber weiterleiten muss.


    Falls Sie als Arbeitgeber den Verdacht haben, dass der Arbeitnehmer die Situation ausnutzt, um seine Arbeitsunfähigkeit vorzutäuschen, lesen Sie hier, was Sie tun können.


  • 4. Kind krank

    Der Arbeitnehmer hat für max. 10 Tage im Jahr (bzw. 20 Tage bei Alleinerziehenden) Anspruch auf unbezahlte Freistellung gegen den Arbeitgeber und zugleich Anspruch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse nach den Voraussetzungen des § 45 SGB V, wenn 

    • es nach ärztlichem Attest erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege des Kindes der Arbeit fernbleibt, 
    • eine andere im gleichen Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und 
    • das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. 

    Die ärztliche Bescheinigung kann ggf. per Telefon angefordert werden, siehe oben.


    Wer nicht unter § 45 SGB V fällt, insb. nicht gesetzlich krankenversichert ist, hat ggf. einen Anspruch auf Lohnzahlung aus Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag (z.B. § 29 TVöD und § 10 AVR Caritas).


    Der Arbeitnehmer kann auch einen Lohnanspruch gem. § 616 BGB haben. Das setzt voraus, dass er „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ an der Arbeit gehindert ist. Eine feste zeitliche Grenze gibt es nicht. Das BAG hat in einem älteren Urteil 5 Arbeitstage akzeptiert (BAG, Urteil vom 20.06.1979, 5 AZR 361/78). Das entsprach der Vorgängerregelung zu § 45 SGB V, nämlich § 185c RVO. Daher wird heute teilweise angenommen, dass 10 Tage gelten.


    § 616 BGB kann ausgeschlossen sein durch Sonderregeln im Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag.


  • 5. Kind ohne Betreuung / Schließung von Kita bzw. Schule

    Entfällt die sonst übliche Betreuung, muss der Arbeitnehmer alles Zumutbare versuchen, um eine Alternative zu finden. 


    Die Arbeitspflicht kann gem. § 275 Abs. 3 BGB entfallen. Danach darf der Arbeitnehmer die Arbeit verweigern, wenn sie ihm nicht zumutbar ist, wobei abzuwägen ist zwischen seinem Hindernis und dem Interesse des Arbeitgebers an der Arbeit. Das kann insb. der Fall sein, wenn sich der Arbeitnehmer um sein Kind kümmern muss (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31.07.2019, 2 Sa 299/18).


    Der Lohnanspruch des Arbeitnehmers richtet sich nach § 616 BGB. Das setzt voraus, dass er „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ an der Arbeit gehindert ist. Eine feste zeitliche Grenze gibt es nicht. Der Anspruch soll auf fünf Tage begrenzt sein. In Anlehnung an § 45 SGB V könnten bis zu 10 Tage vertretbar sein. § 616 BGB kann ausgeschlossen sein durch Sonderregeln im Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag.


    Um sich den Lohn zu sichern, sollte der Arbeitnehmer die Situation mit dem Arbeitgeber besprechen, Überstunden abbauen, Minusstunden buchen (die später nachzuarbeiten sind), Urlaub nehmen oder im Homeoffice arbeiten.


    In der Zeit vom 30. März bis 31. Dezember 2020 gilt § 56 IfSG mit folgender Maßgabe (BGBl. 2020 Teil I, S. 587 ff.): Bei behördlicher Schließung von Schulen und Kitas erhalten die Eltern von Kindern bis zum 12. Lebensjahr oder von behinderten und hilfebedürftigen Kindern eine Entschädigung, wenn sie keine andere Betreuung organisieren können (z.B. durch den anderen Elternteil oder die Notbetreuung in der jeweiligen Einrichtung), das Kind deshalb selbst betreuen und daher einen Verdienstausfall erleiden. Die Großeltern des Kindes zählen selbst zur Risikogruppe und müssen die Betreuung nicht übernehmen. Die Entschädigung ist zeitlich begrenzt (bis zu sechs Wochen, nicht innerhalb der Schulferien) und der Höhe nach begrenzt  (67% des Verdienstausfalls, max. 2.016 € monatlich). Die Dauer der Entgeltfortzahlung soll auf 20 Wochen verlängert werden (jeweils 10 Wochen für Mütter und 10 Wochen für Väter bzw. 20 Wochen für Alleinerziehende), vgl. Kabinettbeschluss vom 20. Mai 2020. 


    Bei Arbeitnehmern zahlt der Arbeitgeber die Entschädigung für die zuständige Behörde aus. Die Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Anträge sind innerhalb einer Frist von drei Monaten zu stellen.

     

    Auch Selbständige können eine Entschädigung gem. § 56 IfSG erhalten.


    Zuständig sind in NRW die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe.


    Der Antrag kann online gestellt werden.


  • 6. Quarantäne / Tätigkeitsverbot

    Wenn das Gesundheitsamt den (nicht selbst erkrankten) Arbeitnehmer unter Quarantäne stellt oder ihm die berufliche Tätigkeit untersagt (§§ 30, 31 IfSG), erhält er gem. § 56 IfSG (Infektionsschutzgesetz) eine Entschädigung für den Verdienstausfall. 


    Für die ersten 6 Wochen zahlt der Arbeitgeber die Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls aus, was ihm später auf seinen Antrag vom Staat erstattet wird. Danach zahlt der Staat die Entschädigung direkt an den Arbeitnehmer in Höhe des Krankengeldes, d.h. ab der 7. Woche muss der Arbeitnehmer selbst einen Antrag stellen. Die Entschädigung muss innerhalb von drei Monaten beantragt werden.


    Einen Verdienstausfall erleidet der Arbeitnehmer nicht, wenn er für den fraglichen Zeitraum einen gesetzlichen oder vertraglichen Anspruch auf Lohnfortzahlung gegen den Arbeitgeber hat. Dieser kann sich z.B. aus § 616 BGB ergeben, sofern diese Vorschrift nicht durch Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag ausgeschlossen ist. Wie lange Lohn gem. § 616 BGB zu zahlen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Dauer kann bis zu sechs Wochen betragen (BGH, Urteil vom 30.11.1978, III ZR 43/77 zum damaligen BSeuchG, angelehnt an den Krankheitsfall). 


    Wer ohne behördliche Anordnung von sich aus zu Hause bleibt (freiwillige Quarantäne), um sich nicht im Betrieb anzustecken oder andere nicht anzustecken, ohne konkrete objektive Gefahr, fehlt unentschuldigt und riskiert Abmahnung und Kündigung.


    Auch Selbständige können eine Entschädigung gem. § 56 IfSG erhalten.


    Zuständig sind in NRW die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe.


    Der Antrag kann online gestellt werden.


  • 7. Arbeitsausfall aus betrieblichen Gründen

    Grundsätzlich ist der Arbeitgeber während der Corona-Krise zur Fortzahlung des Entgelts verpflichtet.


    Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer freistellt, weil die Arbeit wegen eines Auftrags- oder Absatzmangels wirtschaftlich sinnlos ist, gerät er in Annahmeverzug. Nach § 615 Satz 1 BGB muss der Arbeitgeber den Lohn weiterzahlen. Der Arbeitnehmer ist nicht zur Nacharbeit verpflichtet. Der Arbeitgeber trägt das Wirtschaftsrisiko.


    Das gleiche gilt nach § 615 Satz 3 BGB, wenn der Arbeitgeber das Betriebsrisiko trägt. Erfasst sind 

    • betriebsinterne Störungen, die auf ein Versagen der sachlichen oder persönlichen Mittel des Betriebes zurückzuführen sind (z.B. Stromausfall, erhebliche Personalausfälle oder Lieferengpässe), aber auch 
    • von außen auf die Betriebsmittel einwirkende Umstände, die sich für den Arbeitgeber als Fälle höherer Gewalt darstellen (z.B. Witterung).

    Nach herrschender Meinung zählt auch die behördliche Schließung des Betriebes dazu, so dass der Arbeitgeber weiter das Gehalt zahlen muss. Der Arbeitgeber wird auf staatliche Hilfen verwiesen, z.B. Kurzarbeitergeld. 


    § 615 BGB kann ausgeschlossen sein durch Sonderregeln im Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag.


  • 8. Kurzarbeit

    Unter Umständen kann der Arbeitgeber für den gesamten Betrieb oder eine Abteilung Kurzarbeit anordnen, also die Arbeitszeit verkürzen. Bei „Kurzarbeit Null“ fällt die Arbeit komplett aus. Die Arbeitnehmer erhalten für die ausgefallenen Stunden Kurzarbeitergeld (KUG), max. für 12 Monate in Höhe des Arbeitslosengeldes.


    Das gilt auch für auch gemeinnützige Unternehmen (z.B. Vereine, Schulen, Kitas), Kulturschaffende, kommunale bzw. öffentliche Betriebe (z.B. Theater, Museen). 


    Es muss zumindest 1 Arbeitnehmer im Betrieb bzw. in der Abteilung beschäftigt werden. Geringfügig Beschäftigte erhalten kein Kurzarbeitergeld. Auch Auszubildende haben unter Umständen Anspruch auf KUG, vgl. § 98 SGB III.


    Ob der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen darf, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag. Notfalls ist aus gegebenem Anlass eine neue Vereinbarung zu schließen. Sofern vorhanden, ist die Arbeitnehmervertretung zu beteiligen, siehe unten.


    Der Arbeitgeber muss zunächst vor Einführung der Kurzarbeit die Kurzarbeit der Arbeitsagentur anzeigen. Diese prüft, ob die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld vorliegen. Wenn das der Fall ist, zahlt der Arbeitgeber den Lohn für die geleisteten Stunden und das Kurzarbeitergeld für die ausgefallenen Stunden. Anschließend beantragt er Erstattung des Kurzarbeitergeldes bei der Arbeitsagentur. Anzeige und Antrag können online erfolgen.


    Geregelt ist Kurzarbeit in den §§ 95 ff. SGB III. Aufgrund einer neuen Verordnung (BGBl. 2020 Teil I, S. 595) gelten in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Dezember 2020 folgende Sonderregelungen:


    • Es genügt, wenn mindestens 10 Prozent der Beschäftigten (statt ein Drittel) einen Entgeltausfall von mehr als 10 Prozent haben.
    • Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden (Minusstunden) wird verzichtet.
    • Die Sozialversicherungsbeiträge für die ausgefallene Arbeitsstunden, die vom Arbeitgeber allein zu tragen sind, werden von der Arbeitsagentur auf Antrag pauschaliert erstattet.
    • Auch Leiharbeitnehmer (Beschäftigte in Zeitarbeit) erhalten Kurzarbeitergeld.

    Das KUG beträgt grundsätzlich 60% (bzw. 67% mit Kind) des ausgefallenen Netto-Entgelts. Durch das „Sozialschutzpaket II“ wurde das KUG vorübergehend erhöht, vgl. § 421c SGB III:


    „(2) Abweichend von § 105 beträgt das Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2020


    1. für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden, ab dem vierten Bezugsmonat 77 Prozent und ab dem siebten Bezugsmonat 87 Prozent,


    2. für die übrigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab dem vierten Bezugsmonat 70 Prozent und ab dem siebten Bezugsmonat 80 Prozent


    der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum, wenn die Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt im jeweiligen Bezugsmonat mindestens 50 Prozent beträgt. Für die Berechnung der Bezugsmonate sind Monate mit Kurzarbeit ab März 2020 zu berücksichtigen.“ 


    Der Arbeitgeber kann das KUG der Mitarbeiter aufstocken, also einen Zuschuss zahlen. Unter Umständen ist er dazu laut Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag verpflichtet. Der Zuschuss ist sozialabgabenfrei, sofern Zuschuss und KUG zusammen nicht 80 Prozent des ausgefallenen Arbeitsentgelts übersteigen. Diese Regelung soll rückwirkend zum 1. März auch für die Steuern gelten, so die Pläne von Bundestag und Bundesrat. Derzeit ist der Zuschuss normal zu versteuern.


    Die Bezugsdauer für das KUG beträgt grundsätzlich 12 Monate. Durch das „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ wurde die Bundesregierung ermächtigt, die Bezugsdauer von 12 auf bis zu 24 Monate zu verlängern, vgl. § 109 Abs. 1a SGB III:


    „Die Bundesregierung wird ermächtigt, für den Fall außergewöhnlicher Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld über die gesetzliche Bezugsdauer hinaus bis zur Dauer von 24 Monaten zu verlängern. Die Verordnung ist zeitlich zu befristen.“ 


    Die Arbeitsagentur stellt detaillierte Informationen für Unternehmen und Beschäftigte zur Verfügung.


    Der Betriebsrat ist gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu beteiligen. Die Betriebsvereinbarung muss mindestens die Bestimmung von Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Regelung der Lage und Verteilung der Arbeitszeit sowie die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer regeln (BAG, Urteil vom 18.11.2015, 5 AZR 491/14). 


    Im Bereich der katholischen Kirche konnte Kurzarbeit bislang nur ausnahmsweise durch Dienstvereinbarung eingeführt werden, nämlich nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 MAVO, wenn die Arbeitsvertragsordnung eine ergänzende Dienstvereinbarung ausdrücklich zulässt (wie z.B. Anlage 5 § 5 AVR-Caritas). Um eine Dienstvereinbarung zur Kurzarbeit flächendeckend zu ermöglichen, wurde die MAVO für die Zeit vom 1. April 2020 bis zum 31. März 2022 geändert. In § 36 Abs. 1 Nr. 14 MAVO und § 38 Abs. 1 Nr. 16 MAVO wurde der Tatbestand „Kurzarbeit nach dem SGB III“ eingefügt. Vgl. z.B. Amtsblatt des Erzbistums Köln, Stück 5, vom 2. April 2020. 


    Im Bereich der evangelischen Kirche kann Kurzarbeit durch Dienstvereinbarung gem. § 36 MVG eingeführt werden, vgl. § 6a BAT-KF und § 9i AVR-DD. 


  • 9. Urlaub / Zwangsurlaub / Betriebsferien

    Wer Urlaub beantragt und erhält, bekommt Urlaubsentgelt in Höhe des üblichen Lohns.


    Grundsätzlich darf der Arbeitnehmer den Zeitpunkt des Urlaubs selbst aussuchen. Der Arbeitgeber darf nur aus bestimmten Gründen ablehnen, nämlich bei dringenden betrieblichen Belangen oder vorrangigen Wünschen von Kollegen, § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG.


    Wenn der Arbeitnehmer wegen Corona Urlaub nehmen will, kann der Arbeitgeber den Urlaub ablehnen mit dem Argument, dass der Arbeitnehmer gerade zwingend im Betrieb gebraucht wird, z.B. weil schon viele Kollegen ausgefallen sind (krank oder in Quarantäne) oder weil  unerwartet eine große Menge an Arbeit zu bewältigen ist wie etwa im Supermarkt aufgrund der Hamsterkäufe.


    In betriebsratslosen Betrieben kann der Arbeitgeber nach Ansicht der Rechtsprechung Betriebsferien kraft seines Direktionsrechts anordnen. Die Betriebsferien sind dann die dringenden betrieblichen Belange, die dem Wunsch des einzelnen Arbeitnehmers, zu einem anderen Zeitpunkt Urlaub zu nehmen, entgegenstehen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 20.06.2002, 11 Sa 378/02). Die Kritik weist darauf hin, dass die Betriebsferien nicht sich selbst rechtfertigen können. Es müssen andere dringende betriebliche Belange vorliegen, also Umstände, die in der betrieblichen Organisation, im technischen Arbeitsablauf, der Auftragslage etc. ihren Grund haben. Beispiele: 

    • Werksferien bei Zulieferern
    • Rückgang der Kunden während der allgemeinen Sommerferien
    • Stillstand bei Saisonbetrieben außerhalb der Saison
    • Abhängigkeit der Mitarbeiter von der Anwesenheit des Arbeitgebers wie in einer Arztpraxis oder bei Handwerkern

    Die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund der Corona-Krise kann m.E. dringende betriebliche Belange begründen.


    Besteht ein Betriebsrat, ist dieser bei Betriebsferien zu beteiligen. Das BAG hat Betriebsferien während der Schulferien für die Dauer von 3 Wochen (3/5 des Jahresurlaubs) mit Härtefallregelung nicht beanstandet (BAG, Beschluss vom 28.07.1981, 1 ABR 79/79). Damit blieben 2 Wochen zur freien Planung übrig, also weniger als der gesetzliche Mindesturlaub.


  • 10. Überstunden / Bonus

    Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer nur dann Überstunden leisten, wenn dies im Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag geregelt ist. Ohne solche Regelung muss er aber auch dann Überstunden leisten, wenn ein Notfall eingetreten ist. 


    Die Vergütung richtet sich nach Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag oder nach § 612 BGB, d.h. es ist der übliche Lohn zu zahlen. Ein Zuschlag muss nicht gewährt werden. 


    Arbeitnehmer sollten darauf achten, dass sie später nachweisen können, an welchen Tagen von wann bis wann sie Überstunden gemacht haben und dass der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet, gebilligt oder geduldet hat.


    Besteht ein Betriebsrat, ist die Anordnung von Überstunden mitbestimmungspflichtig. 


    Zulässig sind Überstunden nach den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes. 


    Wenn der Arbeitgeber das besondere Engagement der Mitarbeiter in der Corona-Krise mit einer Sonderzahlung oder zusätzlichen Sachleistung honoriert, fallen für diesen Bonus weder Steuern noch Sozialabgaben an, sofern der Betrag 1.500 € nicht übersteigt. Das gilt für Sonderleistungen in der Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 2020.


  • 11. Arbeitszeitgesetz

    Das Arbeitszeitgesetz bietet in § 14 Abs. 4 ArbZG vorübergehend (vom 28. März bis 31. Dezember 2020) die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung befristet Ausnahmen einzuführen, die über die Ausnahmen im ArbZG, in den Verordnungen und Tarifverträgen hinausgehen (BGBl. 2020 Teil I, S. 578). Damit soll die öffentliche Sicherheit und Ordnung, das Gesundheitswesen und die pflegerische Versorgung, die Daseinsvorsorge sowie die Versorgung der Bevölkerung mit existentiellen Gütern sichergestellt werden.


    Das BMAS hat von der Ermächtigung Gebrauch gemacht durch die „COVID-19-ArbZV“ vom 7. April 2020 (BAnz AT 09.04.2020 V2). Die Verordnung gilt seit dem 10. April bis zum 31. Juli. Die Ausnahmen dürfen bis zum 30. Juni genutzt werden. Im letzten Monat der Laufzeit kann dann noch der Ausgleich für verkürzte Ruhezeit sowie für Sonntagsarbeit erfolgen.


    Durch die Verordnung werden folgende Ausnahmen zugelassen:


    • Die werktägliche Arbeitszeit kann auf bis zu zwölf Stunden verlängert werden. Der Ausgleich auf acht Stunden werktäglich (48 Stunden wöchentlich) muss innerhalb von sechs Monaten erfolgen.
    • Die tägliche Ruhezeit darf um bis zu zwei Stunden verkürzt werden. Eine Mindestruhezeit von neun Stunden darf nicht unterschritten werden. Der Ausgleich muss innerhalb von vier Wochen erfolgen.
    • Arbeitnehmer dürfen auch an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden, sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Der Ersatzruhetag kann innerhalb von acht Wochen gewährt werden, er muss spätestens bis zum 31. Juli gewährt werden.
    • In dringenden Ausnahmefällen darf die Wochenarbeitszeit über 60 Stunden hinaus verlängert werden, soweit dies unvermeidbar ist. 

    Die Ausnahmen gelten nur für bestimmte Tätigkeiten:

    1. beim Herstellen, Verpacken einschließlich Abfüllen, Kommissionieren, Liefern an Unternehmer, Be- und Entladen und Einräumen von 

    a) Waren des täglichen Bedarfs,

    b) Arzneimitteln, Medizinprodukten und weiteren apothekenüblichen Waren sowie Hilfsmitteln,

    c) Produkten, die zur Eingrenzung, Bekämpfung und Bewältigung der COVID-19-Epidemie eingesetzt werden,

    d) Stoffen, Materialien, Behältnissen und Verpackungsmaterialien, die zur Herstellung und zum Transport der in den Unterpunkten 1 bis 4 genannten Waren, Mittel und Produkte erforderlich sind, 

    2. bei der medizinischen Behandlung sowie bei der Pflege, Betreuung und Versorgung von Personen einschließlich Assistenz- und Hilfstätigkeiten, 

    3. bei Not- und Rettungsdiensten, der Feuerwehr sowie beim Zivilschutz,

    4. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden,

    5. in den Energie- und Wasserversorgungsbetrieben sowie in Abfall- und Abwasserentsorgungsbetrieben,

    6. in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung sowie in Einrichtungen zur Behandlung und Pflege von Tieren,

    7. zur Sicherstellung von Geld- und Werttransporten sowie bei der Bewachung von Betriebsanlagen,

    8. zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen,

    9. in Apotheken und Sanitätshäusern im Rahmen der zugelassenen Ladenöffnungszeiten und bei erforderlichen Vor- und Nacharbeiten sowie bei Abhol- und Lieferdiensten von Apotheken und Sanitätshäusern.


  • 12. Arbeit zu Hause / Home Office / Telearbeit

    Homeoffice ist ein Telearbeitsplatz in der Privatwohnung des Arbeitnehmers. Bei ausschließlicher Telearbeit arbeitet der Arbeitnehmer nur zu Hause. Bei alternierender Telearbeit arbeitet er teilweise zu Hause, teilweise im Betrieb. 


    Der Arbeitgeber kann nur dann Homeoffice anordnen bzw. der Arbeitnehmer kann nur dann Homeoffice verlangen, wenn dies im Arbeitsvertrag oder im Kollektivvertrag geregelt wurde. Einen gesetzlichen Anspruch gibt es nicht. Soll Arbeit im Homeoffice neu eingeführt werden, ist i.d.R. eine Betriebsvereinbarung zu schließen, sofern es einen Betriebsrat gibt. Ansonsten kann der Arbeitgeber direkt mit dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag ändern. Eine schriftliche Vereinbarung ist dazu grds. nicht erforderlich, auch nicht bei einer befristeten Änderung der Arbeitsbedingungen, denn § 14 Abs. 4 TzBfG greift nicht. Schriftform ist aber ratsam, auch mit Blick auf das NachwG. Gern stelle ich Ihnen auf Anfrage ein Muster für eine Betriebsvereinbarung oder einen befristeten Änderungsvertrag zur Verfügung.


    Technische Beratung fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Handwerksbetriebe können eine finanzielle Förderung erhalten für die Beratung zum Homeoffice durch ein autorisiertes Beratungsunternehmen. 


    Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik stellt Basis-Informationen zum Datenschutz zur Verfügung und warnt vor Phishing-Mails (E-Mails, die den Empfänger dazu bringen sollen, Daten preiszugeben oder schädliche Dateien zu laden). 


    In grenzüberschreitenden Fällen kann der neue / verstärkte Einsatz im Homeoffice dazu führen, dass nach dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) das Steuerrecht des anderen Staates anzuwenden ist (nicht im Verhältnis zu Frankreich, möglich dagegen im Verhältnis zu Luxemburg, den Niederlanden und Österreich). Das Bundesministerium der Finanzen strebt daher bilaterale Sonderregelungen für Grenzpendler an.


    Auch im Homeoffice gelten die Arbeitsschutzvorschriften, also 


    • das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), 
    • die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), 
    • das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die dazu erlassenen Verordnungen.

    Liegen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 7 ArbStättV vor, gelten nur bestimmte Vorschriften, nämlich


    • § 3 ArbStättV bei der ersten Gefährdungsbeurteilung,
    • § 6 ArbStättV zur Unterweisung und 
    • der Anhang Nummer 6 (Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen).

    Die gesetzliche Unfallversicherung greift im Homeoffice unter Umständen nicht. Etwaige Lücken schließt ggf. eine private Unfallversicherung. Beispiele:

    • Sturz auf der Treppe auf dem Rückweg von der Toilette zum Arbeitsplatz (SG München, Urteil vom 04.07.2019, S 40 U 227/18).
    • Sturz auf der Treppe auf dem Weg in die Küche, um Wasser zum Trinken zu holen (BSG, Urteil vom 05.07.2016, B 2 U 5/15 R).
    • Unfall auf dem Rückweg vom Kindergarten zum Homeoffice (BSG, Urteil v. 30.01.2020, B 2 U 19/18R).

    Maßgebend für den Schutz ist die Handlungstendenz des Arbeitnehmers, eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben zu wollen, die durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt werden muss (BSG, Urteil vom 31.08.2017, B 2 U 9/16 R).


  • 13. Dienstreisen / Entsendung

    Der Arbeitnehmer ist zu Dienstreisen verpflichtet, wenn dies zu seinem Berufsbild gehört oder im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Der Arbeitgeber kann dann die einzelne Dienstreise kraft seines Direktionsrechts anordnen. Dabei muss er gem. § 106 GewO nach billigem Ermessen entscheiden, d.h. er muss die Interessen des Betriebes und die Interessen des Arbeitnehmers abwägen und alle Umstände des Einzelfalls beachten.


    Zu berücksichtigen ist z.B. ob der Arbeitnehmer einer Risikogruppe angehört (insb. Vorerkrankungen hat), ob der Zielort gefährlich ist (Situation im Zielbetrieb, Lieferung an Privathaushalt), wie der Kontakt zu den Kunden gestaltet werden kann etc. 


    Eine Dienstreise ins Ausland bzw. eine Entsendung kann billigem Ermessen widersprechen, wenn das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausgesprochen hat. 


    Eine rechtswidrige Weisung muss der Arbeitnehmer nicht befolgen. Er behält seinen Lohnanspruch. Folgt er einer rechtmäßigen Weisung nicht, verliert er den Lohnanspruch und riskiert Abmahnung und Kündigung.


    Wer schon im Ausland ist, kann im Fall einer Reisewarnung einen Anspruch auf Rückholung haben.


    Will der Arbeitgeber einen Rückkehrer aus einem kritischen Gebiet vorübergehend freistellen, um die Kollegen im Betrieb nicht zu gefährden, ist er grundsätzlich verpflichtet, den Lohn gem. § 615 BGB zu zahlen, es sei denn, der Arbeitnehmer wird von der Behörde unter Quarantäne gestellt.

  • 14. Neuer Job / Nebenjob, um in der Krise zu helfen

    Die Beschäftigung in der Krise soll gefördert werden, vor allem bestimmten Berufen und Branchen, die während der Corona-Krise besonders wichtig sind (Landwirtschaft, Lebensmittel, Gesundheit). Zu beachten ist: Wer einen Nebenjob aufgreifen will, muss ggf. seinen bisherigen Arbeitgeber um Zustimmung bitten, siehe Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag.


    Die Anrechnung von Hinzuverdienst bei Kurzarbeit wurde vorübergehend geändert (zuletzt durch das „Sozialschutzpaket II“ und das „Arbeit-von-morgen-Gesetz“), vgl. § 421c SGB III:


    „(1) In der Zeit vom 1. April 2020 bis 31. Dezember 2020 wird, abweichend von § 106 Absatz 3, Entgelt aus einer anderen, während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigung dem Ist-Entgelt nicht hinzugerechnet, soweit das Entgelt aus der neu aufgenommenen Beschäftigung zusammen mit dem Kurzarbeitergeld und dem verbliebenen Ist-Entgelt aus der ursprünglichen Beschäftigung die Höhe des Soll-Entgelts aus der Beschäftigung, für die Kurzarbeitergeld gezahlt wird, nicht übersteigt. Handelt es sich bei der nach Satz 1 aufgenommenen Beschäftigung um eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches, wird das Entgelt aus dieser Beschäftigung dem Ist-Entgelt nicht hinzugerechnet. Die während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigungen nach Satz 1 sind versicherungsfrei zur Arbeitsförderung.“


    Auch der Hinzuverdienst bei Rentnern wurde geändert und zwar für ganz 2020 (§ 302 Abs. 8 SGB VI, BGBl. 2020 Teil I, S. 576). Die Grenze von 6.300 € wurde auf 44.590 € erhöht und der Hinzuverdienstdeckel aufgehoben.


    Ferner wurde der Hinzuverdienst für BAföG-Empfänger geändert. Studierende mit einem systemrelevanten Nebenjob können ihren BAföG-Satz ohne Abzüge aus den Einnahmen für diese Tätigkeit aufstocken. Vgl. § 21 Abs. 4 BAföG:


    „(4) Nicht als Einkommen gelten


    5. zusätzliche Einnahmen aus einer Tätigkeit der Antragstellenden in systemrelevanten Branchen und Berufen, soweit die Tätigkeit zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und deren sozialen Folgen seit dem 1. März 2020 aufgenommen oder in ihrem arbeitszeitlichen Umfang aufgestockt wurde, für die Dauer dieser Tätigkeit oder Arbeitszeitaufstockung.“


    Für die Zeit vom 1. März bis zum 31. Oktober 2020 wurde die Definition der geringfügigen Beschäftigung geändert (§ 115 SGB IV, BGBl. 2020 Teil I, S. 576). Diese liegt vor, wenn

    1. das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 Euro nicht übersteigt,

    2. die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens fünf (statt drei) Monate oder 115 (statt 70) Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt.


    In der Landwirtschaft sollen aktuell ca. 300.000 Arbeitskräfte fehlen. Eine Online-Plattform mit Unterstützung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ("Das Land hilft") soll den Kontakt zwischen Landwirten und hilfsbereiten Bürgern herstellen.


    Das BMAS weist zudem auf die Möglichkeit der Arbeitnehmerüberlassung bzw. Leiharbeit hin. Wer seine Arbeitnehmer derzeit nicht selbst einsetzen kann, kann diese, wenn sie einverstanden sind, vorübergehend an ein Unternehmen mit Arbeitskräftemangel verleihen. Wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird, findet das AÜG bis auf wenige Ausnahmen keine Anwendung (§ 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG). Dann ist insb. keine Erlaubnis erforderlich. Das Verbot der Überlassung in Betriebe des Baugewerbes für Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden, gilt aber nach wie vor (§ 1b Satz 1 und § 16 AÜG). Das BMAS empfiehlt, die eingesetzten Arbeitnehmer mit den Stammbeschäftigten im Einsatzbetrieb gleichzustellen, auch wenn § 8 AÜG nicht gilt. Es ist nämlich zweifelhaft, ob die Regelung zur „Kollegenhilfe“ mit den Vorgaben der Richtlinie 2008/104/EG in Einklang steht.


  • 15. Kündigung / Klagefrist

    Sofern das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, muss eine fristgemäße Kündigung sozial gerechtfertigt sein, d.h. es muss ein Grund im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers vorliegen oder dringende betriebliche Gründe müssen bestehen.


    Eine verhaltensbedingte Kündigung ist grundsätzlich erst nach einer Abmahnung zulässig. Im Zusammenhang mit Corona kommt eine verhaltensbedingte Kündigung z.B. in Betracht, wenn der Arbeitnehmer 

    • sich trotz Verpflichtung weigert, Überstunden zu machen oder Weisungen zu befolgen (z.B. in Bezug auf Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz),
    • unberechtigt der Arbeit fernbleibt (z.B. aus Angst vor Corona), 
    • die AU-Bescheinigung wiederholt nicht vorlegt oder 
    • sich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschlichen hat. Das Risiko dafür ist gestiegen, zumal der Arzt eine Bescheinigung derzeit auch nach telefonischer Anamnese ausstellen kann. Der (versuchte) Betrug rechtfertigt „an sich“ sogar eine fristlose Kündigung.

    Eine Fallgruppe der personenbedingten Kündigung ist die Kündigung wegen Krankheit. Dazu hat die Rechtsprechung verschiedene Fallgruppen entwickelt: 

    • Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen
    • aufgrund einer langandauernden Erkrankung
    • wegen krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit
    • aufgrund völliger Ungewissheit der Genesung
    • wegen krankheitsbedingter Leistungsminderung.

    Eine Infektion mit Corona kann m.E. allenfalls in Kombination mit anderen Kurzerkrankungen eine Kündigung rechtfertigen.

    Die Quarantäne (die auch ohne eigene Infektion möglich ist) betrifft die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers. Sie ist in der Regel nur von kurzer Dauer (ca. 2 Wochen). Das ist dem Arbeitgeber zuzumuten, vor allem, wenn er nicht nach § 616 BGB Lohn zahlen muss, sondern der Arbeitnehmer eine Entschädigung gem. § 56 IfSG erhält.


    Betriebsbedingte Gründe liegen vor, wenn der Beschäftigungsbedarf auf Dauer wegfällt. Eine vorübergehende Schließung des Betriebes wegen Corona rechtfertigt demnach keine Kündigung. Das ist durch mildere Mittel zu überbrücken. Nicht auszuschließen ist jedoch, dass ein Betrieb von der Krise so hart getroffen ist, dass er trotz aller Bemühungen dauerhaft verkleinert oder komplett geschlossen werden muss. Dies kann dann eine Kündigung rechtfertigen.


    Eine Änderungskündigung ist eine Kündigung verbunden mit dem Angebot, nach der Kündigungsfrist zu geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten. Der Arbeitnehmer kann 

    • das Angebot ablehnen und Kündigungsschutzklage erheben,
    • ohne Vorbehalt annehmen und zu den geänderten Bedingungen arbeiten
    • oder unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist, und dies gerichtlich prüfen lassen. 

    Der Arbeitgeber muss eine Änderungskündigung aussprechen, wenn er Änderungen durchsetzen will, die er nicht kraft Direktionsrecht einführen kann und auch nicht im Wege eines Änderungsvertrages. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung zur Reduzierung der Arbeitszeit oder des Entgelts unterliegt strengen Anforderungen. Die Schließung des Betriebes oder zumindest Entlassungen müssen absehbar sein, wenn nicht gehandelt wird, oder die Insolvenz muss drohen. Es muss ein umfassender Sanierungsplan erstellt werden (BAG, Urteil vom 20.06.2013 - 2 AZR 396/12).


    Wer sich gegen seine Kündigung wehren möchte, muss die Klagefrist beachten. Diese beträgt drei Wochen ab Zugang der Kündigung, § 4 Satz 1 KSchG. Wird die Klage nicht rechtzeitig erhoben, gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam, § 7 KSchG.


    Die Klage kann der Arbeitnehmer selbst einreichen (bei der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts zu Protokoll des Urkundsbeamten oder durch ein an das Arbeitsgericht gerichtetes, eigenhändig unterzeichnetes Schreiben) oder er lässt sich vertreten durch seine Gewerkschaft oder seinen Anwalt.


    Wegen der Corona-Krise wurde diskutiert, ob die Klagefrist vorübergehend von drei Wochen auf fünf Wochen verlängert werden soll. Dies sah der erste Gesetzesentwurf zum „COVID-19 ArbGG/SGG-AnpassungsG“ vom 9. April vor. Im Gesetzesentwurf vom 24. April ist diese Regelung nicht mehr enthalten, auch nicht in der Formulierungshilfe des Bundeskabinetts vom 29. April zum „Sozialschutzpaket II“.


    Wenn der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage rechtzeitig zu erheben, kann er die Zulassung der verspäteten Klage nach § 5 KSchG beantragen.


    Dazu muss der Arbeitnehmer z.B. darlegen, dass es ihm aufgrund seiner Erkrankung objektiv nicht möglich war, Klage einzureichen. Sofern er in der Lage ist, das Haus zu verlassen (z.B. um während einer schweren Grippe seinen Arzt aufzusuchen), ist ihm auch zuzumuten, Klage einzureichen (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 18.07.1978, 8 Ta 41/78). Wer das Bett hüten muss, aber entscheidungsfähig ist, ist gehalten, Angehörige oder Bekannte mit der Klageerhebung zu beauftragen (LAG Hamm, Beschluss vom 31.01.1990, 8 Ta 490/89). Entsprechend ist im Fall der Quarantäne ein Außenstehender mit der Klage zu beauftragen. Wird der Arbeitnehmer vor Ablauf der Klagefrist wieder gesund, muss er unverzüglich tätig werden. Ist von der Drei-Wochen-Frist noch eine Woche übrig, reicht das nach allgemeiner Ansicht aus, um noch rechtzeitig Klage zu erheben. Wenn nur noch ein Tag übrig ist, reicht das nicht, um rechtzeitig Klage zu erheben, vgl. Sächsisches LAG, Beschluss vom 11.05.2015, 4 Ta 19/15 (6). Teilweise wird dem Arbeitnehmer eine Überlegungsfrist von drei Tagen zugestanden (LAG München, Beschluss vom 23.01.1992, 4 Ta 16/92).


    Wenn der Arbeitnehmer die Klageschrift selbst erstellt, muss er den Brief so rechtzeitig zur Post geben, dass er vor Ablauf der Klagefrist dem Gericht zugehen kann. Auf Angaben der Post (Aushang in den Postämtern, Nachfrage bei Aufgabe des Briefes) darf sich der Arbeitnehmer verlassen. Er darf sich auch auf Erfahrungswerte verlassen, es sei denn, dass außergewöhnliche Ereignisse die konkrete Gefahr von Verzögerungen begründen. Wählt der Arbeitnehmer dann gleichwohl den unsicheren Postweg, obwohl sichere Übermittlungswege zumutbar sind (Einwurf in den Gerichtsbriefkasten, Telefax), so wird dies als sein Verschulden gewertet. Ist allerdings nicht von vornherein bekannt, ob und für wie lange sich die konkrete Gefahr von Verzögerungen verwirklichen wird, kann er den Brief zunächst zur Post geben. Er ist aber dann - und nur dann - regelmäßig gehalten, das ihm im Zeitpunkt des Briefeinwurfs bekannte Risiko durch eine Nachfrage bei Gericht aufzufangen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 29.12.1994, 2 BvR 106/93). Nach Angabe der Deutschen Post gibt es bei der Zustellung von Briefen innerhalb Deutschlands „keine wesentlichen Einschränkungen“, so die Website der Deutschen Post mit aktuellen Hinweisen zum Coronavirus. Nach meiner Einschätzung ist daher die Sendung per Post plus Nachfrage bei Gericht ein gangbarer Weg.


  • 16. Sitzungen und Beschlüsse von Betriebsrat / Personalrat / Mitarbeitervertretung

    § 33 BetrVG setzt für die Beschlussfassung grds. die Anwesenheit der Betriebsratsmitglieder voraus. Beschlüsse per E-Mail sind nicht möglich.


    Bundesminister Hubertus Heil hatte in seiner Ministererklärung vom 20. März 2020 die Ansicht vertreten, dass derzeit die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz (einschließlich online gestützter Anwendungen wie WebEx Meetings oder Skype) zulässig ist und so gefasste Beschlüsse wirksam sind. Dies gelte sowohl für die Zuschaltung einzelner Betriebsratsmitglieder als auch eine komplett virtuelle Betriebsratssitzung. An Stelle der unterschriebenen Anwesenheitsliste sollte die Teilnahme gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden in Textform (z.B. per E-Mail) bestätigt werden. Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit (§ 30 Abs. 4 BetrVG) verlange, dass unberechtigte Dritte an der Video- oder Telefonkonferenz nicht teilnehmen. 


    Um Rechtssicherheit zu schaffen, wurde das BetrVG nunmehr vorübergehend geändert, rückwirkend zum 1. März 2020, gültig bis zum 31. Dezember 2020 („Arbeit-von-morgen-Gesetz“, BGBl. Teil I Nr. 24 vom 28. Mai 2020):


    „§ 129 Sonderregelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie

    (1) Die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, Gesamtbetriebsrats, Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung und der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie die Beschlussfassung können mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig. § 34 Absatz 1 Satz 3 gilt mit der Maßgabe, dass die Teilnehmer ihre Anwesenheit gegenüber dem Vorsitzenden in Textform bestätigen. Gleiches gilt für die von den in Satz 1 genannten Gremien gebildeten Ausschüsse. 

    (2) Für die Einigungsstelle und den Wirtschaftsausschuss gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend. 

    (3) Versammlungen nach den §§ 42, 53 und 71 können mittels audiovisueller Einrichtungen durchgeführt werden, wenn sichergestellt ist, dass nur teilnahmeberechtigte Personen Kenntnis von dem Inhalt der Versammlung nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig.“


    Ähnliche Regelungen gelten für den Sprecherausschuss, den Europäischen Betriebsrat, den SE-Betriebsrat (Europäische Gesellschaft) und den SCE-Betriebsrat (Europäische Genossenschaft).


    Das BPersVG wurde ebenfalls entsprechend geändert, vgl. § 37 BPersVG:


    „(1) Die Beschlüsse des Personalrates werden mit einfacher Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder gefasst. Stimmenthaltung gilt als Ablehnung. Bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt.

    (2) Der Personalrat ist nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist; Stellvertretung durch Ersatzmitglieder ist zulässig.

    (3) Personalratsmitglieder können mittels Video- oder Telefonkonferenzen an Sitzungen teilnehmen, wenn

    1. vorhandene Einrichtungen genutzt werden, die durch die Dienststelle zur dienstlichen Nutzung freigegeben sind,

    2. vorbehaltlich einer abweichenden Regelung in der Geschäftsordnung kein Mitglied des Personalrates unverzüglich nach Bekanntgabe der Absicht zur Durchführung der Sitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz diesen Verfahren gegenüber dem Vorsitzenden widerspricht und

    3. der Personalrat geeignete organisatorische Maßnahmen trifft, um sicherzustellen, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können.

    Eine Aufzeichnung ist unzulässig. Personalratsmitglieder, die mittels Video- oder Telefonkonferenz an Sitzungen teilnehmen, gelten als anwesend. § 41 Absatz 1 Satz 3 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der Vorsitzende vor Beginn der Beratung die zugeschalteten Personalratsmitglieder feststellt und in die Anwesenheitsliste einträgt.“


    Zudem gibt es eine Sonderregelung für Sprechstunden, vgl. § 43 BPersVG:


    „(1) Der Personalrat kann Sprechstunden während der Arbeitszeit einrichten. Zeit und Ort bestimmt er im Einvernehmen mit dem Leiter der Dienststelle.

    (2) Die Sprechstunde kann mittels Videokonferenz abgehalten werden, wenn

    1. vorhandene Einrichtungen genutzt werden, die durch die Dienststelle zur dienstlichen Nutzung freigegeben sind,

    2. dies in der Geschäftsordnung des Personalrates vorgesehen ist und

    3. der Personalrat geeignete organisatorische Maßnahmen trifft, um sicherzustellen, dass Dritte vom Inhalt der Sprechstunde keine Kenntnis nehmen können.

    Eine Aufzeichnung ist unzulässig.“


    Für die Personalratswahlen 2020 gibt es eine Regelung in § 26a BPersVG:


    „Für die Personalratswahlen im Jahr 2020 gilt § 26 Satz 2 mit der Maßgabe, dass die Amtszeit des Personalrats mit der Konstituierung beginnt. 2Ist am Tage des Ablaufs der regelmäßigen Amtszeit des Personalrates ein neuer Personalrat noch nicht gewählt oder konstituiert, führt der Personalrat die Geschäfte weiter, bis der neue Personalrat gewählt und zu seiner ersten Sitzung zusammengetreten ist, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. März 2021. 3Dies gilt entsprechend für die Jugend- und Auszubildendenvertretungen.“


    Auch die Wahlordnung wurde geändert (vgl. die 5. Verordnung zur Änderung der Wahlordnung, BAnz AT 28.04.2020 V1).


    Das LPersVG NRW enthält folgende Neuregelung zur Beschlussfassung in § 33 Abs. 3:


    „(3) Längstens bis zum 30. Juni 2021 gilt abweichend, dass Beschlüsse auch wirksam sind, wenn sie mittels Umlaufverfahren oder elektronischer Abstimmung erfolgt sind."


    Zu den Personalratswahlen vgl. § 23 Abs. 1 Satz 3 LPersVG NRW:


    „Für die Personalvertretungen, die für die bis zum 30.06.2020 laufende Wahlperiode gewählt wurden, wird die Amtszeit über den 30.06.2020 hinaus verlängert bis zur Wahl einer neuen Personalvertretung, längstens bis zum 30.06.2021. § 23 Absatz 2 Satz 1 findet für diese Personalräte Anwendung.“


    Das Kirchenamt der Evangelischen Kirche Deutschland hat sich in einer Erklärung vom 24. März 2020 der o.g. Ministererklärung angeschlossen, mit Blick auf § 26 MVG. 


    Von der katholischen Kirche wurde bereits § 14 Abs. 4 MAVO für die Zeit vom 1. April 2020 bis zum 31. März 2022 wie folgt ergänzt (vgl. z.B. Amtsblatt des Erzbistums Köln, Stück 5, vom 2. April 2020): 


    „Kann die Sitzung der Mitarbeitervertretung wegen eines unabwendbaren Ereignisses nicht durch die körperliche Anwesenheit eines oder mehrerer Mitglieder durchgeführt werden, kann die Teilnahme einzelner oder aller Mitglieder an der Sitzung auch mittels neuer Informations- und Kommunikationstechnologien erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Im Hinblick auf die Beschlussfähigkeit gelten die an der virtuellen Sitzung teilnehmenden Mitglieder als anwesend im Sinne des Abs. 5 S. 1.“ 


  • 17. Finanzielle Unterstützung von Bund und Land

    - ohne Anspruch auf Vollständigkeit –


    a) Zusätzliches Geld erhalten


    Familien, die wegen Corona geringere Einkommen haben, z.B. weil sie

    • Kurzarbeitergeld erhalten,
    • selbstständig sind und derzeit keine oder verringerte Einnahmen haben,
    • weniger Bezüge durch entfallene Überstunden haben oder
    • derzeit Arbeitslosengeld oder Krankengeld beziehen,

    erhalten leichteren Zugang zum Kinderzuschlag.


    Die Regelungen zum Elterngeld wurden vorübergehend für die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember geändert. Danach gilt:


    • Eltern in systemrelevanten Branchen / Berufen können ihre Elterngeldmonate aufschieben, d.h. sie können diese auch nach dem 14. Lebensmonat ihres Kindes nehmen, spätestens bis Juni 2021 (§ 27 Abs. 1 BEEG). 
    • Der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit der Eltern fördert, entfällt nicht, wenn Eltern aufgrund der Covid-19-Pandemie mehr oder weniger arbeiten als geplant (§ 27 Abs. 2 und 3 BEEG).
    • Lohnersatzleistungen, die Eltern aufgrund der Corona-Pandemie erhalten (z.B. KUG, ALG I), reduzieren die Höhe des Elterngeldes nicht (§ 2b Abs. 1 Satz 3 und § 27 Abs. 4 BEEG). 

    Durch das „Sozialschutzpaket II“ wurde das Arbeitslosengeld verlängert für Arbeitslose, deren Anspruch zwischen dem 1. Mai und dem 31. Dezember 2020 endet. Sie erhalten dann drei Monate länger Arbeitslosengeld. Vgl. § 421d SGB III.


    Zudem gibt es leichteren Zugang zur Grundsicherung für

    • Bezieher von KUG oder Arbeitslosengeld
    • Freiberufler, Solo-Selbständige oder Kleinunternehmer 
    • Bezieher von Arbeitslosengeld II, deren Bezug zwischen dem 31. März und dem 30. August 2020 endet.

    Der Bund hat eine Soforthilfe für kleine Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler angeboten, indem er einmalig für drei Monate Zuschüsse zu Betriebskosten gewährt: bis zu 9.000 € bei bis zu 5 Beschäftigten, bis zu 15.000 Euro bis zu 10 Beschäftigten. Das Programm ist abgelaufen. Der Bund berät über Anschlussregelungen. Einen Überblick über diverse andere Förderprogramme mit Suchfunktion finden Sie hier


    NRW hat eine Soforthilfe für kleine Unternehmen, Solo-Selbständige und Freiberufler einschließlich Künstler angeboten: 9.000 € bei bis zu 5 Beschäftigten, 15.000 € bei bis zu 10 Beschäftigten, 25.000 € bei bis zu 50 Beschäftigten. Das Programm ist abgelaufen. Neue Anträge sind nicht mehr möglich. Wer Soforthilfe erhalten hat, muss diese nicht zurückzahlen, soweit sie gebraucht wurde, allerdings ist eine Überkompensation zu erstatten. Nach dem Bezug der Soforthilfe ist ein Formular für den Verwendungsnachweis auszufüllen. In NRW kann der Antragsteller unter bestimmten Voraussetzungen für März und April zusammen 2.000 € für den Lebensunterhalt bzw. als Unternehmerlohn ansetzen, sofern nicht schon ALG II bewilligt wurde. 


    Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bietet eine Förderung für eine Unternehmensberatung an für Corona-betroffene kleine und mittlere Unternehmen (KMU) einschließlich Freiberufler bis zu einem Beratungswert von 4.000 € ohne Eigenanteil. Da die Mittel bereits ausgeschöpft sind, können keine neuen Anträge mehr eingereicht werden. Die BAFA verweist auf ähnliche Förderprogramme.


    Die Mittel des NRW-Sonderprogramms für Künstler (Einmalzahlung bis zu 2.000 €) sind bereits vollständig aufgebraucht (Stand 9. April). An einer Folgelösung wird gearbeitet. Künstler werden auf die Soforthilfe von Bund und Land sowie auf die Möglichkeit der Grundsicherung hingewiesen. Einen Überblick der Bundesregierung über die Maßnahmen für Künstler und Kreative finden Sie hier


    Der Wirtschaftsstabilisierungsfond des Bundes soll sich an große Unternehmen richten und großvolumige Hilfen gewähren über Kapitalmaßnahmen und Bürgschaften sowie zur Refinanzierung von bereits beschlossenen KfW-Programmen.


    Die KfW und die NRW.BANK stellen verschiedene Kreditprogramme bereit für Unternehmen (auch und gerade KMU), Selbstständige und Freiberufler sowie Start-ups. 


    b) Schutz bei bestehenden Verbindlichkeiten


    Betriebe mit ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten können eine Stundung der Sozialversicherungsbeiträge bei der für den / die Mitarbeiter zuständigen Krankenkasse formlos beantragen, wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind, insb. Kurzarbeit, Fördermittel und Kredite bereits beantragt wurden. Durch die Stundung werden die Beiträge später fällig, so dass keine Säumniszuschläge anfallen. Zunächst war die erleichterte Stundung nur für März und April möglich. Nun kann diese Stundung auch für Mai beantragt werden, vgl. die Informationen des GKV-Spitzenverbandes.


    Wer (solo-) selbständig tätig ist und freiwillig in der Arbeitslosenversicherung versichert ist, kann einen Zahlungsaufschub für die Beiträge bis Oktober 2020 erhalten.


    Steuerliche Hilfen bis Ende 2020 gewähren die Finanzbehörden und der Zoll:

    • Steuerschulden können gestundet werden,
    • Steuervorauszahlungen können angepasst werden,
    • Vollstreckungsmaßnahmen werden ausgesetzt.

    In NRW gibt es zusätzliche Steuererleichterungen.


    Durch das COVInsAG vom 27. März wurde die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO und (für Vereine) § 42 Abs. 2 BGB bis zum 30. September ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Zudem setzt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Insolvenzanträgen, die von den Gläubigern zwischen dem 28. März und dem 28. Juni gestellt wurden/werden, voraus, dass der Eröffnungsgrund bereits am 1. März vorlag.


    Nach Art. 240 § 1 EGBGB haben Kleinstunternehmen (Unternehmen mit weniger als 10 Vollzeitbeschäftigten, dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 2 Mio. Euro nicht überschreitet) das Recht, Leistungen aus einem Dauerschuldverhältnis (ausgenommen Arbeitsverhältnisse), das vor dem 8. März geschlossen wurde, bis zum 30. Juni zu verweigern. Das setzt voraus, dass infolge von Umständen, die auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind,

    1. das Unternehmen die Leistung nicht erbringen kann oder
    2. dem Unternehmen die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre.

    Das gilt für alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse. Das sind solche, die zur Eindeckung mit Leistungen zur angemessenen Fortsetzung seines Erwerbsbetriebs erforderlich sind (z.B. Strom, Gas, Wasser, Telekommunikation, besondere Versicherungsverträge für den Betrieb, ggf. Mietverträge über Geräte oder Fahrzeuge). 


    Nach Art. 240 § 2 EGBGB kann der Vermieter den Mietvertrag oder das Pachtverhältnis über Grundstücke oder über Räume (auch Gewerbe) nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter / Pächter im Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni trotz Fälligkeit die Miete / Pacht nicht zahlt, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen der Pandemie und der Nichtzahlung ist glaubhaft zu machen. Die Regelung gilt bis zum 30. Juni 2022, d.h. bis dahin besteht die Kündigungsbeschränkung. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt. An der Fälligkeit ändert sich nichts. Wer bei Fälligkeit nicht leistet, kommt daher in Verzug.